Dienstag, 4. Oktober 2011

Iran: Todesstrafe für Pastor Youcef Nadarkhani



Sollte die Todesstrafe ausgeführt werden, wäre Pastor Youcef Nadarkhani seit Jahren der erste Konvertit, welcher allein aufgrund seines christlichen Glaubens hingerichtet würde.
Sollte die Todesstrafe ausgeführt werden, wäre Pastor Youcef Nadarkhani seit Jahren der erste Konvertit, welcher allein aufgrund seines christlichen Glaubens hingerichtet würde.

Youcef Nadarkhani ist mit Fatemeh Pasandideh verheiratet; sie haben zwei Kinder Daniel (*2003) und Yoel (*2005).
Youcef Nadarkhani ist mit Fatemeh Pasandideh verheiratet; sie haben zwei Kinder Daniel (*2003) und Yoel (*2005).
Zur Person
Youcef Nadarkhani wurde im Jahre 1977 geboren. Er lebt in Rasht, der Hauptstadt der iranischen Provinz Gilan im Norden des Irans am Kaspischen Meer. Er ist mit Fatemeh Pasandideh verheiratet (auch "Passandideh" umschrieben); sie haben zwei Kinder Daniel (*2003) und Yoel (*2005). Im Alter von 19 Jahren konvertierte Nadarkhani vom Islam zum Christentum. Bereits seit 2001 ist er Pastor in einem Netzwerk von Hauskirchen, so auch der Freikirche "Church of Iran", einer der größten Hauskirchen im Iran. Zudem war er bis zu seiner Verhaftung Gemeindeleiter einer 400 Mitglieder großen Gemeinde.

Verhaftung und "Prozess"
Bereits im Dezember 2006 wurde Nadarkhani verhaftet. Anschuldigungspunkte waren: Apostasie (Abfall vom islamischen Glauben; ein Straftatbestand, der nach dem islamischen Recht im Iran mit dem Tode bestraft werden kann) und Evangelisation, also Verbreitung nichtislamischer Glaubenslehren. Nach zwei Wochen wurde er jedoch ohne Verurteilung freigelassen. Im Jahre 2009 verabschiedete das iranische Parlament ein Gesetz, das eine noch stärkere Förderung und Entwicklung des muslimischen Glaubens im Schulunterricht vorsieht. Dieses Gesetz gilt für alle Schulkinder, auch die christlicher Eltern. Da Nadarkhanis Söhne in den örtlichen Schulen ebenfalls von diesem Unterricht betroffen waren, machte Nadarkhani von seinem - durch vom Iran anerkanntes, bindendes - Völkervertragsrecht auf Religionsfreiheit Gebrauch, protestierte gegen diesen Beschluss und stellte somit das staatliche Monopol der Kindererziehung in Frage. Eine Vorladung der Geheimpolizei vor das Revolutionsgericht in Rasht am 12. Oktober 2009 war das Resultat. Dort wurde er verhaftet. Anfangs warf man ihm den Tatbestand "Protest" vor, welcher später in Apostasie und Evangelisation geändert wurde. Seitdem sitzt er im Gefängnis der Geheimpolizei in Lakan, das 11 km südlich seiner Heimatstadt Rasht liegt.

Den ersten Monat im Gefängnis sowie einige Monate vor und nach seinem "Prozess" musste Nadarkhani in Einzelhaft verbringen. Durch eine Vielzahl an Maßnahmen versuchte man ihn wieder zum "richtigen" Glauben zurückzubringen. Unter anderem versuchte man ihn zur Einnahme von Medikamenten zu zwingen, um ihn als krank und nichtzurechnungsfähig erklären zu können. Im Zuge einer Verurteilungs- und Einschüchterungswelle wurde auch Nadarkhanis prominenter Anwalt Mohammad Ali Dadkhah Anfang Juli 2011 zu Peitschenhieben, 9 Jahren Haft und 10-jährigem Berufsverbot als Dozent und Anwalt sowie einer Geldstrafe verurteilt.

Druck auf die Familie
Anfangs durfte Youcef Nadarkhani regelmäßig Besuch von seinem Anwalt, von seiner Familie und seinen Freunden empfangen. Besuche seines Anwalts wurden später nur noch begrenzt gestattet. Um weiteren Druck auf Nadarkhani zu erzeugen, wurde am 18. Juni 2010 seine Frau Fatemeh Pasandideh inhaftiert. Man brachte sie ebenfalls ins Gefängnis nach Lakan. Die zwei Kinder des Ehepaares blieben bei Verwandten. Die iranischen Behörden drohten, den Eltern das Erziehungsrecht zu entziehen und ihre Kinder einer muslimischen Familie zuzuführen. Seine Frau Pasandideh wurde ohne rechtlichen Beistand vor Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt. Erst nach der Verurteilung hatte sie die Möglichkeit, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen. Über das Berufungsverfahren wurde am 11. Oktober 2010 entschieden: Frau Pasandideh wurde nach viermonatiger Haft aus dem Gefängnis entlassen. Trotz des enormen Drucks konnten die Behörden Pastor Nadarkhani nicht dazu zwingen, dem Christentum abzuschwören.

Das Todesurteil
Am 21. und 22. September 2010 fand das Gerichtsverfahren gegen Youcef Nadarkhani statt. Am 22. September erließ das Gericht auf Basis der 2006 erhobenen Anklagepunkte das Todesurteil. Einen schriftlichen Bescheid erhielt er zunächst nicht. Nun wurde er innerhalb des Gefängnisses in die Sektion für politische Gefangene verlegt und durfte weder Besuch von seiner Familie noch von seinem Anwalt erhalten. Am 13. November 2010 erhielt er von der ersten Kammer des Revolutionsgerichts schließlich das schriftliche Urteil. Er wurde wegen Apostasie und Evangelisation zur Hinrichtung durch den Strang verurteilt. Das iranische Recht räumt eine 20-tägige Einspruchsfrist ein, in welcher Nadarkhanis Anwalt beim höchsten Revisionsgericht des Irans Berufung einlegte. Jedoch blieb dies ohne Erfolg. Am 28. Juni 2011 bestätigte die dritte Kammer des Obersten Gerichtshofs in Qom die Todesstrafe. Gerüchte über interne Unstimmigkeiten zur Urteilsfindung unter den Richtern konnten nicht bestätigt werden. Der einzige Weg, dieses Urteil außer Kraft zu setzen, wäre die Lossagung von seinem Glauben. Sollte die Todesstrafe ausgeführt werden, wäre Pastor Youcef Nadarkhani seit Jahren der erste Konvertit, welcher offiziell aufgrund seines christlichen Glaubens hingerichtet würde.

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